Ist das die Digitalisierung?

Oder nur ein Disput mit Alexa?

08.05.2019

Immer weiter hält die Digitalisierung Einzug in unsere Haushalte. Das ist oft sehr nützlich, ebenso häufig kritisch zu betrachten – und manchmal: einfach nur lustig, wie folgende Auseinandersetzung mit Amazons Alexa beweist.

Wenn ich ausnahmsweise mal spät von einem Weinabend mit meinen Freundinnen nach Hause komme, bekommt mein Mann auf seiner Smartwatch die Nachricht, um wieviel Uhr ich die Tür aufgeschlossen und die Wohnung betreten habe. Mehr noch – er kann es sich auch noch anschauen!

Warum? Bei uns haben Einbrecher versucht, ins Haus zu kommen. Um wieder ein Gefühl der Sicherheit herzustellen, war ich damit einverstanden, dass wir eine – ich muss zugeben echt stylishe – Kamera in unserem Hausgang installieren. Sie verfügt über eine Gesichtserkennungsfunktion. Bei fremden Gesichtern meldet sie sich sofort – bei Familienmitgliedern, die sie erkennt, reagiert sie jedoch nicht. Warum die Kamera dann anspringt, wenn Sie mich nach dem ein oder anderen Wein dann doch nicht mehr erkannt hat, möchte ich an dieser Stelle nicht unbedingt thematisieren ;-)

Überwachung? Will ich das in meinem „zu Hause“?

Ich bin schon ein bisschen beruhigter, weil ich weiß, dass ‚jemand‛ zu Hause aufpasst. Dass auch jemand auf mich aufpasst – oder mich überwacht – finde ich dagegen weniger spannend, nehme es aber dafür in Kauf. Auch, dass mein Mann seit Jahren schon über sein Handy oder per Sprachbefehl unsere Heizungen und Lichter steuert oder über Sensoren mit seinen Pflanzen spricht – finde ich o.k. Tatsächlich hat sich dadurch unsere Stromrechnung bereits reduziert: Die Heizungen werden viel öfter ausgeschaltet, neue LED-Technik sorgt für sparsameren Einsatz der Ressourcen und sogar die Pflanzen halten mit einem angemessenen Wasserverbrauch besser durch, weil eine ferngesteuerte Anlage für optimale Bewässerung sorgt. Überall stehen gut versteckte Würfel, Sensoren, Kameras, Augen, Windmesser, Luftmesser etc.

Mit all dem kann ich mich also anfreunden – doch ich habe noch keine finale Meinung darüber, was das mit uns als Menschen wirklich macht. Wenn mein Sohn im Teeny-Alter morgens in die Küche kommt und noch vor einem „Guten Morgen“ einfach den Befehl abfeuert „Alexa, schalte die Eckleuchte an“, anstatt selbst den Schalter zu bedienen. Oder wenn er mitten im Frühstück die Frage stellt: „Alexa, wie ist das Wetter heute in Stuttgart?“ – anstatt aus dem Fenster zu schauen oder auf den Balkon zu gehen. Wenn es mal langweilig wird, kommt schon auch mal ein „Alexa, erzähl einen Witz!“. Und die sind meistens auch noch flach!

Mein Mann und mein Sohn finden das rund herum super. Sie sprechen sie in der Küche schon fast öfter an als mich. Beim Lernen kann man kurz fragen, wie viele Einwohner welches Land hat, welche Hauptstadt wo liegt oder kurz in Erfahrung bringen, wer jetzt Recht hat, wenn man über die neue Bundesliga-Rangliste diskutiert.

Morgens halb neun in Stuttgart

Auch damit komme ich noch klar. Insgesamt habe ich mit Alexa meinen Frieden geschlossen, dachte ich – und mich mit ihr angefreundet. Wir hören vor allem zusammen Musik. Sie spielt immer genau das, wonach es mir gerade ist, und das finde ich echt spitze.

Eines Morgens jedoch; ich war allein zu Hause: Ein Sonntag und es ist noch früh, vielleicht halb neun. Ich bin in der Küche, mache mir mein Frühstück und wünsche mir von Alexa „Relax-Musik“. Die ist mir zu leise, also kommandiere ich „lauter“. Immer noch zu leise. Ich kommandiere nochmal „lauter“. Da informiert sie mich freundlicherweise, dass ich die Lautstärke auch direkt auf einer Skala von 1 bis 10 ansteuern kann. Das war mir neu. Also probiere ich das aus: „Lautstärke auf 10“ kommandiere ich mutig. Mal sehen was sie kann.

Überraschend leistungsstark

O.k., ich hatte sie unterschätzt… Die Küche, die Wohnung und gefühlt das restliche Haus dröhnen in überraschend rockigen Relax-Klängen. Zu Tode erschrocken stehe ich in meinem Bademantel vor dem Kühlschrank, auf dem Alexa wohnt, und schreie: „Alexa, leiser!“. Nichts passiert… Ich schreie noch lauter. Immer noch nichts! Kein Wunder – die Musik spielt sie so laut, dass Alexa mich nicht mehr hören kann! Völlig genervt und halb taub schaffe ich es schließlich, den Stecker zu ziehen – der natürlich nicht so easy zugänglich ist, weil es ja schön aussehen sollte.

Stille! Ich bin erstmal beruhigt und stecke Alexa wieder ein, in der Hoffnung, dass sie sich dadurch wieder auf die Standard-Lautstärke einstellt. Weit gefehlt! „Alexa, spiel Musik!“, und sofort wummert sie in voller Lautstärke auf dem Kühlschrank. Ich ziehe erneut den Stecker und finde dann meinen Weg: Zuerst gebe ich die Lautstärke ein und bestelle mir dann meine Lieblingsmusik.

Wie heißt das Zauberwort?

Geschafft! Beim Frühstück muss ich über mich lachen und bin dankbar, dass in der Küche keine Kamera hängt. Wie das wohl ausgesehen hätte, mich im Bademantel zu sehen wie ich den Kühlschrank anbrülle?

Mein Verhältnis zur Technik, Alexa, Siri, Google und Co ist also ein durchaus Gespaltenes. Sicherlich wird die Digitalisierung unsere Zukunft maßgeblich mitgestalten und neue Technologien Lösungen für bisher unlösbare Probleme schaffen. Solange aber noch massenhaft witzige, bezahlbare, digitale Helferlein in unseren Häusern zum Einsatz kommen, habe ich eine abschließende Bitte: Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann wäre es, dass all diese Geräte so programmiert werden, dass sie nur dann reagieren, wenn man „Bitte“ und „Danke“ sagt – um keine Kommando-Generation von Befehlsverteilern zu erziehen.

Und welche smarte Idee wünschen Sie sich? Welche finden Sie so richtig unnötig?

Ähnliche Artikel