Agil zum Ziel

Wie man mit „Lean für die Planung“ Hürden überwindet

27.08.2020

Lean Management sorgt bereits seit einigen Jahren für schlanke und effiziente Abläufe auf Baustellen. Sobald es jedoch ans Planen geht, kann die Methode ihre Stärken nicht voll ausspielen. Hier setzt das agile Aufgabenmanagement an. Das Bauunternehmen Jökel aus Hessen arbeitet bereits erfolgreich damit.

Komplexe Projekte mit vielen Beteiligten, ineffiziente Schnittstellen, kurzfristige Änderungen: Das sind die Herausforderungen, vor denen Planungsabteilungen stehen. Die Planung von Bauwerken ist ein kreativer Prozess. Welche Eigenschaften ein Objekt genau haben soll, entscheidet sich oft erst während der Planung. Mehrseitige, starre Terminpläne helfen da nicht weiter – und auch die Lean-Methodik funktioniert am besten als Lean Site Management während der Ausführung auf der Baustelle.

Das Beste aus lean und agil

Das agile Aufgabenmanagement verbindet die Lean-Philosophie und das agile Management für die Planungsphasen von Bauprojekten. Peter Jökel, Geschäftsführer der Jökel Bau GmbH, hat 2018 begonnen, das agile Aufgabenmanagement in der Planungsabteilung des Bauunternehmens einzuführen. Ein Grund war die positive Erfahrung mit Lean Site Management, das Jökel Bau seit mehreren Jahren einsetzt.

Diese Vorteile wollte der Geschäftsführer auch in der Planung nutzen. Die Bilanz nach einem Jahr fällt positiv aus: „Mittlerweile ist das agile Aufgabenmanagement zum Herzstück unserer Planungsabteilung geworden“, erklärt er. „Alle Schnittstellen, die Auslastung und Kapazitäten werden damit transparent und effizient gestaltet.“ Die Zusammenarbeit zwischen Planern und Bauleitern habe sich erheblich verbessert, ergänzt Jökel.

Alle Projekte im Blick

Im Büro der Planungsabteilung hängt eine Steckkartentafel an der Wand – das Multi-Projektboard. Mit dieser behält das Team den Überblick über alle Projekte, die es im eigenen Haus plant. Das Board stellt alle Arbeitspakete in allen Projekten für die nächsten 21 Wochen dar. Grundlage dafür bilden die gemeinsam entwickelten, individuell für Jökel geltenden Standardprozesse für die Planung.

Basierend auf den Arbeitspaketen für die nächsten zwei Wochen leitet jedes Team-Mitglied die täglichen Aufgaben ab und visualisiert sie mit Haftnotizen auf der Wochenplanung beziehungsweise dem Aufgabenmanagement-Board. Jeden Tag trifft sich die Planungsabteilung zu einem „Daily Stand-Up Meeting“ – also einem täglichen Kurzmeeting im Stehen –, in dem sich die Mitarbeitenden über die Aufgaben vom vergangenen Tag, vom aktuellen Tag und über aufgetretene oder zu erwartende Probleme austauschen.

Multiprojekt-Board mit 21-Wochen-Vorschau

Onboarding neuer Kollegen fällt leichter

Wenn sich etwas am geplanten Ablauf ändert, können das alle Projektleiter und Planer transparent besprechen. Auch die Abteilungsleiter finden sich alle vierzehn Tage vor dem Multi-Projektboard zusammen, um sich über aktuelle Akquisen, neue Aufträge und in Zukunft verfügbare Planungskapazitäten auszutauschen. Der positive Nebeneffekt, den Peter Jökel identifiziert hat: ein sehr hoher Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen unterschiedlich erfahrenen Mitarbeitern. Die Integration neuer Kolleginnen und Kollegen werde zudem sehr erleichtert.

Agiles Management: Die beste Wahl für die Planung

Das agile Management geht von kurzzyklischen, agilen Entwicklungen aus. Die Kommunikation läuft transparent und strukturiert. Das Planungsteam kann flexibel auf Änderungen und Probleme reagieren. „Wie beim Lean-Management ist es auch beim agilen Aufgabenmanagement wichtig, dass die Mitarbeiter auf allen Hierarchie-Ebenen ein Verständnis für den Gesamtprozess entwickeln“, erklärt Jochen Weber, Berater bei Drees & Sommer. „Dann können sie die Pläne termingerecht und in der benötigten Qualität erstellen.“

Jochen Weber war Teil des Drees & Sommer-Teams, das Jökel Bau bei der Konzeption und Einführung von agilem Aufgabenmanagement in der Planungsabteilung zur Seite stand. Rund ein Jahr dauerte die Einführung – von der Analyse bis zum Konzept. In dieser Zeit arbeiteten die Berater eng mit der Geschäftsführung, den Abteilungsleitern, den Mitarbeitern der Planungsabteilung und den Bauleitern zusammen. Gemeinsam analysierten und erarbeiteten sie Prozesse, Organisationsstrukturen, Schnittstellen und Spielregeln für die Zusammenarbeit sowie das Selbst- und Fremdbild der Planungsabteilung. Darauf aufbauend erstellten die Berater ein Konzept auf Basis eines Multi-Scrum-Ansatzes mit Scrum-Elementen.

Mit Scrum erfolgreich sprinten

Scrum ist eine der bekanntesten Ausprägungen des agilen Managements. Die ursprünglich aus der Software-Entwicklung stammende Methode legt Wert auf hohe Flexibilität und agile Entwicklung von Ergebnissen in definierten Zyklen. Bei Scrum werden diese Zyklen „Sprints“ genannt. In der Regel dauern diese nicht länger als vier Wochen.

Welche Aufgaben und Arbeitspaketen, also Prozesse innerhalb der Planungs- oder Leistungsphasen der HOAI, innerhalb eines Sprints zu bearbeiten sind, definiert das Team vor jedem Sprint gemeinsam und visualisiert diese Entscheidungen in einem Detailplan auf dem Aufgabenmanagement-Board (Sprint Backlog). Die einzelnen Arbeitspakete oder User Stories bilden in ihrer Gesamtheit den langfristigen Plan (Product Backlog). Dieser wird auf dem Multi-Projektboard dargestellt. Dadurch bekommen alle Projektbeteiligten eine visuelle Unterstützung, die volle Transparenz schafft und ihre tägliche Arbeit verbessert.

„Zukünftig wollen wir neben unseren Mitarbeitern in der Planungsabteilung auch unsere externen Planungspartner wie die Haustechnik-, Elektro- und Tragwerksplanung im Rahmen von festen, interdisziplinären Projektteams für eine gewisse Phase zu uns ins Haus holen. Dann soll gemeinsam das agile Aufgabenmanagement gelebt werden“, so die Vision von Peter Jökel.

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